FINMA-Rundschreiben 2025/2 – Übergangsfrist am 30. Juni 2025 abgelaufen

Am 30. Juni 2025 ist die Übergangsfrist des FINMA-Rundschreibens 2025/2 zu den Verhaltensregeln nach FIDLEG/FIDLEV abgelaufen. Damit soll gemäss der FINMA der Anlegerschutz in der Schweiz weiter gestärkt werden – gleichzeitig treten jedoch auch neue Herausforderungen für Finanzinstitute zutage.

Das Rundschreiben konkretisiert die Anforderungen an die Informations-, Angemessenheits- und Eignungsprüfungspflichten sowie die Pflichten im Zusammenhang mit der Handhabung von Interessenkonflikten und Entschädigungen Dritter. Für vereinzelte Vorgaben, insbesondere im Zusammenhang mit marktunüblichen Risikokonzentrationen, wurde eine Übergangsfrist bis Ende Juni 2025 vorgesehen. Mit dem Fristablauf ist nun die vollständige Umsetzung obligatorisch – inklusive potenziellem Nachdokumentationsaufwand in bestimmten Fällen.

Hoher Aufwand bei Privatkundenbeziehungen

In der Praxis zeigt sich, dass dieser Nachdokumentationsprozess mit erheblichem Aufwand verbunden sein kann. Besonders betroffen sind Privatkundenbeziehungen, für welche sämtliche der im Rundschreiben konkretisierten FIDLEG-Pflichten anwendbar sind. Insbesondere in folgenden Bereichen sehen sich Finanzinstitute gezwungen, aufwendige Rücksprachen und Nachfragen mit ihren Kundinnen und Kunden zu führen, um den regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden:

  • bei der Erhebung der Kenntnisse und Erfahrungen von Privatkunden im Rahmen von Vermögensverwaltungs- und portfoliobasierten Anlageberatungsmandaten,
  • im Zusammenhang mit der Erfüllung und Dokumentation von Informationspflichten bei der transaktionsbasierten Anlageberatung,
  • sowie bei der Aufklärung über spezifische Anlagerisiken, etwa marktunübliche Risikokonzentrationen oder Differenzkontrakte.

Dies führt zu einer administrativen Mehrbelastung in Zeiten, in welchen sich die Aufwände im Bereich Risikomanagement und Compliance insbesondere in Zusammenhang mit der Betreuung von Privatkundenbeziehungen bereits auf hohem Niveau befinden. Dies kann zur Folge haben, dass sich die Anbieter aus dem Geschäft mit Privatkunden zurückziehen und sich stattdessen ausschliesslich auf institutionelle Kunden oder professionelle Kunden konzentrieren, bei denen die Umsetzung der neuen Standards mit weniger Aufwand verbunden ist.

Auswirkungen auf den Zugang zu Beratung

Damit zeigt sich die Schattenseite des angestrebten verbesserten Anlegerschutzes: Gerade für Anlegerinnen und Anleger mit kleinerem Vermögen kann die strengere Regulierung indirekt zu einem Ausschluss aus klassischer Beratung führen. Je höher die administrativen und rechtlichen Anforderungen, desto stärker steigt der Kostendruck auf die Institute. Viele unabhängige Vermögensverwalter oder kleinere Anbieter müssen ihre Ressourcen effizient bündeln und sind daher weniger bereit, Kundenbeziehungen zu pflegen, die im Verhältnis zum Aufwand geringe Erträge abwerfen.

Die Folge ist, dass die Eintrittshürden für die individuelle Betreuung steigen und sich das Marktangebot verengt. Für Privatkunden mit überschaubarem Vermögen besteht damit das Risiko, dass qualifizierte Beratungsleistungen nur noch eingeschränkt zugänglich sind. Paradoxerweise kann somit gerade der Schutzmechanismus, den das FIDLEG eigentlich gewährleisten soll, den Zugang zur unabhängigen Beratung erschweren. Als «preisgünstige» Alternativen bleiben Anlageplattformen mit Chatbot-Lösungen.

Fazit

Die verschärften Vorgaben stärken zwar die rechtlichen Rahmenbedingungen im Sinne des Kundenschutzes, sie bringen für Finanzinstitute jedoch eine erhebliche operative Mehrbelastung mit sich. Insbesondere kleinere Anlegerinnen und Anleger könnten unfreiwillig benachteiligt werden, falls Anbieter ihre Beratungsprozesse stärker vereinheitlichen oder das Leistungsspektrum reduzieren. Damit entsteht ein Spannungsfeld zwischen dem Ziel einer verbesserten Transparenz und Sicherheit auf der einen Seite und den zunehmend begrenzten Kapazitäten für persönliche Betreuung auf der anderen. Die Frage, wie sich der Markt effektiv mittel- bis langfristig entwickeln wird und ob digitale Beratungsmodelle wirklich in der Lage wären, mögliche Versorgungslücken zu schliessen, bleibt derweil offen.

11.09.2025